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17 März 2007

Kein Darlehen ohne Spargroschen?

In der heutigen Ausgabe des Handelsblatt hat Andreas J. Zehnder (Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Privaten Bausparkassen e. V) auf die Risiken einer Vollfinanzierung von Wohneigentum hingewiesen (siehe www.handelsblatt.com/news/Vorsorge-Anlage/Strategie/_pv/_p/204364/_t/ft/_b/1236801/default.aspx/kein--darlehen-ohne-spargroschen.html)

Laut seinem Artikel würden wir ja jetzt in den USA, Großbritannien, den Niederlanden usw. sehen, wohin eine Finanzierung "ohne ausreichendes Eigenkapitalpolster" hinführt: geradewegs in die Pleite!

Jetzt muss man beim Lesen dieses Artikels eine wichtigen Punkt im Auge behalten: Herr Zehnder ist Lobbyist der Bausparkassen und das Kerngeschäft der Bausparkassen ist es nun einmal, Bausparverträge zu verkaufen, damit Otto-Normal-Bürger so Kapital für den Erwerb von Wohneigentum ansammelt. Kein Wunder, dass Herrn Zehnder nichts von Finanzierungen ohne Eigenkapital hält.

Aber Herr Zehnder hat noch ein Problem: Bausparkassen dürfen in dem Markt mit Vollfinanzierungen nicht mitmischen. Schließlich verbietet ihnen der Gesetzgeber Finanzierungen ohne Eigenkapitaleinsatz.

Herr Zehnder begründet seine negative Haltung mit ähnlichen Erfahrungen in den 70er (sagt aber selbst, das die meisten damals die Zinssätze nur für 5 Jahre festgeschrieben haben) und in den USA usw. Nur: Dort gibt es keine festgeschriebenen Zinssätze. Die Zinskonditionen für Bausdarlehen sind dort meist variabel und die steigende Zinsen führen tatsächlich zu erheblichen Kreditausfällen bei den Banken.

Leider hat der Autor nicht besonders gut recherchiert (oder einfach nur so keine Marktübersicht). Vollfinanzierungen sind inzwischen bis 130% des Beleihungswertes möglich und das zu Konditionen, die viele Banken sonst nur "guten" Kunden mit 20-30 Prozent Eigenkapital anbieten. Die Zinssätze können -je nach Anbieter- bis zu 20 Jahre festgeschrieben werden, um so das Risiko steigender Zinsen zu reduzieren.

Es sind auch nicht nur die "Gutverdienenden", die Wohneigentum ohne Eigenkapital finanzieren können, sondern "Normalverdiener"

Am besten aber sind die Schlusssätze:

"Es bleiben Risiken: Etwa durch den Wegfall eines Einkommens in einem Doppelverdienerhaushalt oder durch sinkende Immobilienpreise. Finanzierungen ohne Eigenkapitalpolster kommen also für den Normalverdiener, und dies ist die Masse der potenziellen Hauskäufer, nicht in Frage"

Diese Risiken haben mit der Höhe des Eigenkapitals wohl kaum etwas zu tun, sondern mit der Ratenbelastung an sich (im Verhältnis zum Einkommen). Einkommensverluste, sinkende Imobilienpreise usw. können alle Immobilienbesitzer treffen. Aber: Bei Vollfinanzierungen ist das Risiko, bei einem späteren Verkauf aud Darlehensteilen sitzen zu bleiben tatsächlich höher als bei Einsatz von Eigenkapital.

Als Kundenberater würde Herr Zehner Ihnen sicher den guten Rat geben, jetzt bloß keine Immobilie zu kaufen, sondern erst einmal Eigenkapital anzusparen. Dazu könnten Sie einen Bausparvertrag mit 1% Guthabenzinsen abschliessen. In 10 Jahren haben Sie dann vielleicht das Geld für die Erwerbsnebenkosten zusammen (oder noch ein bischen mehr). Schade nur, dass Ihre Finanzierungsbelastung dann dank gestiegener Immobilienpreise und -vor allem- Zinsen wahrscheinlich deutlich höher ist als heute.

Ihre Miete zusammen mit den Ansparraten für einen Bausparvertrag (o.ä.) würde höchstwahrscheinlich ausreichen, um -jetzt- Wohneigentum sehr solide zu finanzieren.

Aber eines ist mal klar: Wer sich jetzt den Wunsch nach einer eigenen Immobilie erfüllt - und die Rahmenbedingungen dafür sind optimal- braucht keinen Bausparvertrag mehr. Gut für Sie und schlecht für die Bausparkassen und ihren Verbandsvorsitzenden ;o))

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